Ryû sui Kempo Karate ist ein äußerlich erkennbar „weicher“ Stil. Er ist auf das chinesische Baguazhuang (八卦掌) zurückzuführen. Damit kann man das Ryû sui ken als „inneren“ Stil auffassen.
Dieser Karatestil weist nur eine einzige, für Karate eher ungewöhnlich lange Kata auf, die in zwölf Abschnitte zu je zehn Aktionen eingeteilt wird. Jede einzelne Aktion ist auf einen konkret definierten Angriff abgestimmt und kann eine oder mehrere Techniken umfassen. Insgesamt enthält die Form einhundert und zwanzig zählbare Kampf-Aktionen und mehrere hundert Bewegungen. Die Form wird in ihrer Standard-Geschwindigkeit so geübt, daß sie in ca. sechseinhalb Minuten ein Mal komplett ausgeführt werden kann. Es gibt aber deutlich schnellere und langsamere Ausführungstempi, die dann entweder vom Tempo her kampfrelevanter sind oder als Ugoki-Zen (Zen in der Bewegung) aufgefaßt werden.
Jede einzelne Aktion wird als Anwendung der Form zunächst in einem festgelegten Omote-Bunkai interpretiert. Dies erleichtert die Memorierung der Form. Dieses Bunkai ist allerdings lediglich die Grundlage für weitere Kumite-Übungen des Ryû sui Kempo Karate.
Zum vollständigen System gehören noch Ritzu-Zen Übungen (Ritzu-Zen bezeichnet die Standmeditation; dies ist eine Form der Zenmeditation im Stehen) und die Ryû sui hachi dan kin, das ein Satz von acht QiGong-Übungen, deren Name sich mit die „Acht schönen Bewegungen des fließenden Wassers" übersetzen läßt. Übungen, die in der Tradition des Baguazhuang stehen, insbesondere das Kreisgehen gehören ebenfalls zum Ryû sui Kempo Karate System.
Der Karate-Stil zeichnet sich, wie auch das chinesische Bagua, bei aller Weichheit der Form durch eine sehr harte und kompromißlose Anwendung aus.
Das Ryû sui ken wurde von Takeo Narasaki (24.01.1918- 09.11.1975) geschaffen. Er soll zunächt Schüler von Meister Miyagi Chojun gewesen sein, dem Gründer des Gôjû-Ryû-Karate. Narasaki-soke hat sich außerdem mit Ninjutsu befaßt. Im Verlaufe des zweiten Weltkrieges kam er nach China und befaßte sich dort mit den Kampfkünsten, auch, indem er in Bibliotheken nach Ursprüngen und älteren Überlieferungen forschte. Auf dieser Grundlage formulierte er seine eigene Auffassung der Kkampfkunst, die er kurz „Ryû sui ken“ nannte; die korrekte Bezeichnung des Stils ist jedoch Ryû sui Kempo Karate.
Narasaki war Schiffsoffizier (Zahlmeister) auf einem Ausbildungsschiff der japanischen Handelsmarine. Er unterrichtete seine Schüler in zwei getrennten Gruppen. In den Monaten, während der er zur See fuhr, unterrichtete das Ryû sui ken der einen Gruppe, die sich aus den den Auszubildenden auf dem Schulschiff zusammensetzte. Sie lernten ausschließlich die Kumite-Anwendungen des Ryû sui ken. Einer anderen Gruppe, die Narasaki-sensei während seiner Landurlaube in Tôkyô im eigenen Dôjô unterrichtete, vermittelte er auch die Tiefen und Feinheiten der Kata. Dies deshalb, weil sich in seinem Dôjô eine stabile Gruppe zusammengefunden hatte, die er längerfristig unterrichten konnte.
Yoshio Himi (gest. Juli 2011) war direkter Schüler von Akio Narasaki und ist einer der wenigen Überlieferungsträger des kompletten Ryû sui Kempo Karate Systems, von denen es von Anfang an nur einige wenige gegeben hat.
Himi Sensei war bereits Träger des 7. Dan Gôjû-Ryû, als er das Ryû sui ken kennenlernte. Himi war bis dahin ein direkter Schüler von Yamaguchi Gogen, dem Begründer des japanischen Gôjû-Ryû gewesen. Nachdem Himi damit begonnen hatte, bei Narasaki Sensei Ryû sui ken zu trainieren, gab er das Gôjû Ryû Karate ganz auf und befaßte sich nur noch mir Ryû sui Kempo Kararte.
Andreas F. Albrecht lernte Himi Yoshio bei den Lehrgängen des IGKR von Tokio Funasako (9. Dan Gôjû-Ryû) in Hirschorn am Neckar und in Bruchsal kennen. Ab 1994 unterrichtete Himi Yoshio Andreas im Ryû sui ken auf privater Basis in Heidelberg und Tôkyô, später auch im Umkreis von Wiesloch-Walldorf, vor allem im Kraichgau im Bereich Mühlhausen und Tairnbach.
Himis Unterricht fand immer im Freien statt, während ausgedehnter Aufenthalte im Odenwald und im Kraichgau. Der Naturbezug der „Faust des Fließenden Wassers“ war Himi immer ein wichtiges Anliegen.
Andreas vermittelte das Ryû sui ken seinerseits an Dipl. psych. Astrid Wilhelm(Mannheim Seckenheim) , Dr. Thiemo Blank, Dr. Jochen Born (Waldshut Tiengen) und Pfarrer Achim Engewald (Fritzlar) weiter, die damals alle dem Sakura Dôjô der Universität Heidelberg im Rahmen des allgemeinen Hochschulsports angehörten oder bis unmittelbar zuvor angehört hatten. Die Mitglieder dieser Gruppe konnte Andreas teilweise noch mit Himi sensei direkt in Kontakt bringen, so daß diese Karatekas zeitweise auch von Himi sensei persönlich unterrichtet wurden. In der Hauptsache lernten sie das Ryû sui ken im Kleingruppen-Unterricht bei Andreas. Später, nachdem Himi Yoshio 2011 gestorben ist, unterrichtete Andreas auch noch Steffen Paul aus Egmating bei München
Im Ryû sui Kempo Karate gibt es bis heute auf ausdrücklichen Wunsch von Himi Yoshio keine Organisation und keine Gürtelgraduierung. Das Ryû sui ken ist auch keiner Organisation angeschlossen. Ryû sui Kempo Karate wird quasi ausschließlich als informelles Budô-System vermittelt, das nur wenige Schülern in Japan und Deutschland praktizieren. Vielleicht wird es auch heute noch von Dr. Thimo Blank in einer Zen-Gemeinschaft in den kalifornischen Bergen in den USA geübt; darüber liegen aber keine sicheren Informationen vor.
Nachdem Andreas von verschiedener Seite gebeten worden war, das Ryû sui ken System zu unterrichten, entschied er sich, ab Herbst 2017 das Ryû sui Kempo Karate im Kurssystem zu vermitteln. Die durchschnittlich einwöchigen Kurse sollen voraussichtlich im Kloster Buddhas Weg (Siedelsbrunn i.O.) und ab Sommer 2018 auch auf der Insel Korfu in Griechenland stattfinden.
Weiteres kann über Kontakt erfragt werden. Dort kann man sich auch unmittelbar zu einem Kurs anmelden.